Studien Motorsport und Umwelt
Die jüngste Studie zu den Umweltauswirkungen von Motorsport veröffentlichte das aquatil-Institut im Jahr 2023. In ihr wurden relevante Klima- und Luftschadstoffemissionen durch Motorsportveranstaltungen in Deutschland untersucht. Die zentrale Erkenntnis der Wissenschaftler war, dass die Hauptquelle für Treibhausgasemissionen bei Motorsportveranstaltungen der An- und Abreiseverkehr der Zuschauer ist, während der Anteil der eigentlichen motorsportlichen Aktivitäten vergleichsweise gering ist. Wie das Team um Prof. Franz Brümmer und Prof. Ralph Schill herausarbeitete, verursacht der Motorsport im Vergleich zu anderen Großveranstaltungen keine überdurchschnittlichen Emissionen.
Studienergebnis 2023 in der Zusammenfassung
Im Kern kamen die Forscher im Rahmen der DMSB-Umweltstudie damit zu einem ähnlichen Ergebnis wie es das Heidelberger IFEU-Institut bereits 2008 festgestellt hatte: Die durch Motorsportveranstaltungen verursachten Emissionen von Klima- und Luftschadstoffen sind vergleichbar mit denen anderer großer Events. Insgesamt ergaben die in der Studie berechneten Szenarien zum Beispiel eine CO2-Emission zwischen 45.000 und 200.000 Tonnen im Jahr, von denen bis zu 80 Prozent durch die Besucher von Veranstaltungen verursacht werden. Die eigentlichen Motorsportaktivitäten von Rennfahrzeugen verursachen dagegen – je nach Berechnungsweise – fünf bis acht Prozent. Die gesamten Klima- und Luftschadstoffemissionen des deutschen Motorsports machen weniger als 0,2 Prozent der bundesdeutschen Gesamtemission in diesem Bereich aus. Sowohl in dieser Gesamtschau als auch im Vergleich mit anderen Sportarten ist die Emission der untersuchten Schadstoffe mengenmäßig nicht außergewöhnlich hoch.
Bei der Erhebung von Daten griffen die Wissenschaftler auf Daten der Motorsport-Saison 2019 zurück, um eine Verfälschung der Ergebnisse durch die Corona-Jahre zu vermeiden. Da eine vollumfängliche Erfassung der relevanten Daten naturgemäß nicht möglich war, stützten die Forscher ihre Aussagen auf die Analyse von Szenarien. Hintergrund war, dass die die Qualität der verfügbaren Daten für größere und kleinere Veranstaltungen oft erheblich unterschiedlich ausfiel. Denn während die größten deutschen Motorsportveranstaltungen exakte Zahlen zu Teilnehmern und deren Fuhrpark, zu den Zuschauern und zu den Rennen machen konnten, war dies bei kleinen Veranstaltungen häufig nicht möglich. So mussten die Wissenschaftler aus Experteninterviews zunächst fundierte Abschätzungen zu einzelnen Werten entwickeln, die schließlich zu den oben erwähnten Szenarien zusammengefasst wurden. Das Ergebnis war dann ein Korridor, dessen Grenzen die minimale und eine maximale Emission von CO2 für den gesamten deutschen Motorsport angeben. Selbst bei Zutreffen des Maximalwertes wurde dabei festgestellt, dass die Summe der Emissionswerte im Vergleich nicht besonders groß sind. Das wird etwa deutlich, wenn die Verkehrsleistung aller Motorsportveranstaltungen in Deutschland im untersuchten Jahr 2019 in Bezug auf zum motorisierten Individualverkehr bzw. Freizeitverkehr gesetzt wird: Die Gesamt-Verkehrsleistung im Deutschen Motorsport ist demnach unterhalb der Ein-Prozent-Marke:
Verkehrsleitungen im Jahr 2019 im Vergleich | |
Motorisierter Individualverkehr | 917,4 Mrd. Personenkilometer |
611,6 Mrd. Fahrzeugekilometer | |
Freizeitverkehr | 448,1 Mrd. Personenkilometer |
235,8 Mrd. Fahrzeugkilometer | |
Deutschen Motorsport-Veranstaltungen | |
Basis-Szenario 1 | 0,229 Mrd. Fahrzeugkilometer |
Basis-Szenario 2 | 0,525 Mrd. Fahrzeugkilometer |
Basis-Szenario 3 | 1,010 Mrd. Fahrzeugkilometer |
Signifikant war als zweites wichtiges Ergebnis die Erkenntnis, dass der Hauptverursacher von CO2-Emissionen im Motorsport der Besucherverkehr ist. Er machte 2019 rund 80 Prozent der CO2-Emission durch Motorsportveranstaltungen aus, während der Fuhrpark der Teams je nach betrachtetem Szenario zwischen 12 und 17 Prozent der Emissionen verursachte. Der eigentliche motorsportliche Betrieb schlug nach diesen Berechnungen mit fünf bis acht Prozent der Emissionen zu Buche.
IFEU-Studie 2007/2008 kam zu ähnlichem Ergebnis
Bereits 2007 hatte der DMSB beim Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) eine Studie in Auftrag gegeben, die die die tatsächlichen Umweltauswirkungen von Motorsportereignissen untersuchte. Hier wurde insbesondere der Beitrag zur Treibhausgasfrage (CO2) betrachtet und das Fazit gezogen, dass nicht der Sport mit den Wettbewerbsfahrzeugen, sondern das Zuschaueraufkommen der Hauptbeitrag darstellt. Auch der damals festgestellte Impact von Motorsportveranstaltungen wich nicht nennenswert von den Umweltwirkungen anderer Großereignisse ab. Daneben wurden die „umweltbezogenen Aktivitäten, die der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) in den letzten Jahren ergriffen hat“, dokumentiert. Dass eineinhalb Dekaden später erneut eine Studie zum Thema aufgelegt wurde, hatte zum einen den Grund, dass die damals ausgewerteten Daten naturgemäß nicht mehr ohne weiteres für Aussagen zu den heutigen Verhältnissen herangezogen werden können. Zum anderen flossen in die Betrachtungen von Schadstoffen nun auch die Erkenntnisse der vergangenen Jahre in Sachen Umweltschutz ein.
Von Einzelerhebungen zum laufenden Monitoring
Eine weitere wichtige Erkenntniss der aktuellen Untersuchung war die fehlende exakte Datenbasis. Sie war letztlich die Ursache, dass statt präziser Aussagen zu den durch den deutschen Motorsport verursachten Schadstoffemissionen vorerst nur eine Bandbreite angegeben werden kann, in der sich die Gesamtemissionen bewegen. Da zudem die Emissionsforschung weiter voranschreitet und neue Erkenntnisse bringt, war ein Ergebnis der Studie von 2023, die Untersuchung der Umweltauswirkungen des deutschen Motorsports zu verstetigen. Denn die Wissenschaftler resümierten, dass eine genauere Bilanzierung auf Basis einer vollständigeren Datengrundlage und die Erweiterung mit zusätzlichen Faktoren empfehlenswert sei. Der DMSB strebt deshalb an, ein laufendes Monitoring zentraler Indikatoren für Umweltfolgen des Motorsports in Deutschland einzuführen, um auf der Basis der erfassten Daten effektive Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen auszuarbeiten.