Nachhaltigkeit im DMSB: Positionspapier und Nachhaltigkeitsstrateige
Nachhaltigkeit im Motorsport – das beschreibt eher einen Weg als ein Ziel. Denn auch wenn Umwelt- und Naturschutz schon seit zwei Jahrzehnten eine wichtige Rolle bei allen motorsportlichen Aktivitäten spielen, bedeutet die Forderung nach Nachhaltigkeit, die Denk- und Sichtweise zu erweitern. Denn neben Umwelt- und Naturschutz (Ökologische Komponente) treten dann eine soziale und eine ökonomische Komponente als weitere Säulen.
Gesamtgesellschaftlich gesehen wird so eine Wirtschaftsweise erreicht, die dauerhaft beibehalten werden kann. Denn so wird einerseits ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, andererseits werden so aber auch die globalen Lebensgrundlagen erhalten. Der Motorsport kann sich dieser gesellschaftlichen Aufgabe und Verpflichtung nicht entziehen. Aber was genau bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit im Motorsport – und wie kann die Forderung nach einer Beachtung der Nachhaltigkeits-Säulen auf motorsportliche Aktivitäten übertragen werden? Mit dieser Frage beschäftigten sich die in- und externen Experten des DMSB. Sie formulierten aus der allgemein formulierten Verpflichtung des DMSB zur Nachhaltigkeit (diese ergibt sich beispielsweise aus dem 2016 verabschiedeten DMSB-Ethikkodex) ein Positionspapier und entwickelten außerdem eine dezidierte Nachhaltigkeitsstrategie mit konkreten Entwicklungslinien.
Die Grundlage: Positionspapier Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist als angestrebte Wirtschaftsweise und Leitlinie für die gesamtgesellschaftliche Situation heute allgemein akzeptiert. Nicht nur alle wichtigen politischen Institutionen von den Vereinten Nationen über die EU bis zu Bundes- und Landesregierungen in Deutschland sowie zahlreiche gesellschaftspolitische Akteure bekennen sich dazu. Auch die DMSB-Trägervereine ADAC, AvD und DMV, die Dachverbände FIA, FIM, FIME und DOSB sowie der DMSB selbst verpflichten sich zu nachhaltigem Handeln.
Das bereits im Frühjahr verabschiedete DMSB-Positionspapier „Nachhaltigkeit im Motorsport“ soll aufzeigen, wie dieser Weg beschritten werden kann. Denn es ist offensichtlich, dass die von der UN formulierten 17 globalen Ziele für nachhaltiges Handeln viel zu weit formuliert sind, um für den sportlichen Alltag operationalisiert werden zu können. Gleichzeitig liefern aber genau diese UN-Ziele auch einen Rahmen, an dem sich zahlreiche Akteure – etwa in der Politik – maßgeblich orientieren. Sie müssen also untersucht werden, um zu überprüfen, wo motorsportliches Handeln zu ihrer Erreichung beitragen kann.
Dabei zeigt sich schnell, dass es eine Reihe von Zielen gibt, zu denen Motorsport allenfalls mittelbar beitragen kann. Bei anderen Zielen ist allerdings offensichtlich, dass Motorsport sogar wertvolle Beiträge leisten kann. Denn er bietet ein geradezu klassisches Test- und Entwicklungsfeld für neue Technologien. Bei UN-Zielen, wie der Abkehr von fossilen Energieträgern (Ziel Nr. 7) oder der Kampf gegen den Klimawandel (Ziel Nr. 13) beispielsweise kann Motorsport sogar eine Vorreiterrolle spielen. In anderen Handlungsbereichen liefern die UN-Ziele darüber hinaus wertvolle Hinweise zur Ausgestaltung von Aktivitäten – etwa, wenn es um das Ziel inklusiver, gleichberechtigter, hochwertiger und lebenslanger Bildung (Ziel Nr. 4) geht.
Ausgehend von diesen Erkenntnissen kommt das Positionspapier zur Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit ein Schlüsselfaktor für die zukünftige Entwicklung des Motorsports sein kann. Basierend auf dieser Feststellung beauftragte das DMSB-Präsidium eine Expertengruppe damit, eine Strategie für nachhaltigen Motorsport zu entwickeln.
Die Roadmap: DMSB-Nachhaltigkeitsstratgie
In Zeiten einer breiten gesellschaftlichen Debatte um die Notwendigkeit von verstärktem Klimaschutz und mehr Nachhaltigkeit gerät Motorsport schnell in den Fokus und muss um Akzeptanz und Anerkennung seiner Nachhaltigkeitsbestrebungen kämpfen. Soll dies gelingen, müssen nicht nur die strategischen Eckpunkte und Handlungsfelder nachvollziehbar und stimmig sein. Auch das Handeln motorsportlicher Akteure muss zeigen, dass die Entwicklung in die richtige Richtung führt. Oberste Prämisse des Handelns ist damit Glaubwürdigkeit, die nur erreicht wird, wenn sich Motorsportler auf allen Ebenen das Nachhaltigkeitsdenken auf die Fahne schreiben.
Der mit der Entwicklung der DMSB-Nachhaltigkeitsstrategie beauftragte Expertenbeirat identifizierte in seinen Sitzungen vier Strategiefelder. Auf diesen wurden die zentralen Herausforderungen anschließend analysiert und in Handlungsaufforderungen übertragen. Konkret ergaben sich die im folgenden beschriebenen Strategiefelder.
Strategiefeld 1: Steuerung
Das Strategiefeld beantwortet die Frage, welche Stellschrauben der DMSB hat, um eine nachhaltige Entwicklung des Motorsports zu erreichen. Im Kern ist es dabei die ohnehin vorhandene Innovationsfreude, die sich auch auf Nachhaltigkeitsbestrebungen übertragen lässt. Gepaart mit attraktiven, spannenden Wettbewerben kann darin der Schlüssel für den (nachhaltigeren) Motorsport der Zukunft liegen.
Eine sichtbare Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit kann dabei maßgeblich durch entsprechend zugeschnittene Reglements und Wettbewerbe erreicht werden. Zudem gibt es zahlreiche weitere Bereiche auch außerhalb des unmittelbaren Sportgeschehens, die Potenzial bieten – von Logistikfragen über die Funktionsbereiche einer Veranstaltung bis hin zur Digitalisierung von organisatorischen Aufgaben.
Strategiefeld 2: Ressourcen
Um nachhaltig mit (natürlichen) Ressourcen umgehen zu können, müssen Ressourcen eingesetzt werden. Was zunächst paradox klingt, liegt letztlich auf der Hand. Für eine nachhaltige Entwicklung werden finanzielle, materielle und personelle Ressourcen benötigt, deren Generierung im zweiten Strategiefeld im Mittelpunkt steht.
Dies wird etwa erreicht, indem die motorsportlichen Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass ein investitionsfreundliches Umfeld für die Industrie geschaffen wird. Insbesondere mit Blick auf notwendige Vorlaufinvestitionen bei Einführung neuer (nachhaltigerer) Technologien im Wettbewerb sind verlässliche Rahmenbedingungen notwendig. Das Eingehen direkter Partnerschaften kann ein weiteres Mittel sein – wobei ein entsprechend nachhaltig agierender Motorsport ein gutes Argument für den Einstieg eines Sponsors sein kann.
Strategiefeld 3: Know-how
Wenn Motorsport nachhaltiger werden soll, müssen Motorsport-Akteure sachkundig sein. Das gezielte Identifizieren, Erwerben, Bereitstellen und Vermitteln von Nachhaltigkeitswissen ist Inhalt dieses Strategiefeldes.
Den motorsportlichen Akteuren quer durch alle Hierarchiestufen muss deshalb gezielt entsprechendes Wissen vermittelt werden. Einerseits geschieht dies durch freiwillige und obligatorische Bildungsangebote, andererseits durch die Sammlung und Bereitstellung von ständig aktualisiertem Nachhaltigkeitswissen. Dabei werden durch entsprechende Partnerschaften Wissensquellen innerhalb und außerhalb des Motorsports genutzt.
Strategiefeld 4: Kommunikation
Um innerhalb und außerhalb des Motorsports Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten und Glaubwürdigkeit zu erzielen, sind gezielte Kommunikationsanstrengungen nötig. Einerseits werden dabei Informationen an die breite Öffentlichkeit kommuniziert – etwa, wenn nachhaltige Leuchtturmprojekte kommunikativ begleitet werden. Als unmittelbare Zeugen können Zuschauer von Motorsportveranstaltungen kommunikativ erreicht werden, die direkt vor Ort Nachhaltigkeit im Motorsport erleben können. Im Nachhaltigkeitsbereich engagierte Motorsportler sind darüber hinaus mit ihrer persönlichen Bekanntheit und Glaubwürdigkeit innerhalb und außerhalb des Sports perfekte Multiplikatoren.