Die über den Bayerischen Motorsport-Verband (BMV) organisierten Clubs planen eine umfassende Zusammenarbeit mit Werkstätten für behinderte Menschen in Deutschland.
„Es wurde nun eine bundesweite Kooperation zwischen den 3.000 Vereinen und den rund 700 Werkstätten in Deutschland offiziell vereinbart“, kündigt BMV-Präsident Fritz Schadeck an. „Wir wollen damit die Arbeit des Motorsports in punkto Nachhaltigkeit voranbringen und in der Gesellschaft ein Beispiel für Inklusion setzen.“ Schadeck, der auch Vorstandsmitglied beim ADAC Südbayern e. V. ist, betont, dass es sich hier um „kein Feigenblatt handelt, sondern um das Ergebnis einer stetig gewachsenen Partnerschaft“.
Am jüngsten Lauf der FIA World Rally Championship (WRC) durch Bayern, Tschechien und Österreich waren bereits die Caritas Wolfsteiner Werkstätten aus Freyung beteiligt. Bei der Siegerehrung in Passau haben die Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen 22 Pokale aus eigener Fertigung an die Gewinner in den einzelnen Klassen überreicht. Der ADAC Südbayern e. V. als sportlicher Ausrichter der CER arbeitet seit 2019 mit dieser Einrichtung „perfekt zusammen“, so Schadeck.
Bei der damaligen ADAC 3-Städte-Rallye, dem Vorgänger des jetzigen WM-Laufes, waren die Caritas Beschäftigten erstmals als kreative Pokal-Künstler aktiv. Vergangenes Jahr hatte der belgische Siegfahrer Thierry Neuville den Wolfsteiner Werkstätten zum Dank für die „wunderschönen Trophäen“ spontan einen Scheck über 10.000 Euro zukommen lassen, mit dem unter anderem eine neue Küche in der Einrichtung angeschafft worden ist. Werkstattleiter Helmut Weber sagt: „Das bestätigt uns den Respekt vor der Leistung von Menschen mit Behinderungen. Wir sind hier nicht nur die Produzenten von Pokalen, sondern auch aktiv bei der kompletten Veranstaltung dabei.“
Inklusions-Fahrten auf Karts
Nach den Plänen von BMV-Präsident Schadeck könnten die Werkstätten künftig neben Trophäen auch Verpack- und Versandaufträge übernehmen, Büro- und Werbeartikel oder Bauelemente produzieren. Die Motorsportclubs könnten ihrerseits Inklusions-Fahrten auf speziellen Karts anbieten, aber auch Fahrsicherheits-Trainings auf ADAC-Anlagen. Bei Oldtimer-Fahrten würden Werkstätten für behinderte Menschen bereits gezielt angesteuert, zum Beispiel in Raubling im Rahmen der ADAC Bavaria Historic, die wiederum Bestandteil des Maxlrainer Oldie Feelings an Fronleichnam ist.
Christiane Eck-Meißner, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM), der bundesweiten Interessenvertretung der Werkstätten, betont: „Motorsport begeistert Menschen mit und ohne Behinderungen gleichermaßen. Indem die Kooperation mit den Motorsportclubs auf ganz Deutschland ausgeweitet wird, können Werkstätten neue Tätigkeitsfelder für die Beschäftigten erschließen und zeigen, wie vielfältig ihre Produkte und Dienstleistungen sind. Die Leistungen der Menschen mit Behinderungen werden zudem in der Öffentlichkeit sichtbar. Das bringt das Thema Inklusion insgesamt voran.“
Wolfgang Wagner, Präsident des DMSB, sagt: „Wir glauben daran, dass der Motorsport für jede*n zugänglich sein sollte, unabhängig von den eigenen körperlichen Voraussetzungen. Denn der Motorsport ist durch die technische Komponente wie kaum eine andere Sportart geeignet, dass Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam im selben Rennen miteinander fahren. Darüber hinaus gewährleisten technische Innovationen gleichwertige Voraussetzungen für Sportler*innen mit und ohne Behinderungen und damit einen fairen Wettbewerb. So ist unter anderem die Deutsche Meisterschaft im inklusiven E-Kart-Slalom ein herausragendes Beispiel, das zeigt, wie der Motorsport barrierefrei werden kann.“
Auch Dr. Gerd Ennser, der im Präsidium des mittlerweile 22,5 Millionen Mitglieder zählenden ADAC für den Bereich Sport verantwortlich ist, zeigt sich begeistert. „Was wir hier vor Jahren im Kleinen in Freyung begonnen haben, ist ein Best-Practice-Beispiel, wie sich Dinge aus der Praxis heraus zu etwas Großem entwickeln können“, freut sich der aus Passau stammende ADAC-Sportpräsident. „Von diesen Aktionen profitieren alle. Sie sind ein gelebtes Beispiel für Inklusion auf Augenhöhe.“
Informationsveranstaltung am 27. Mai 2025
Der Deutsche Motor Sport Bund veranstaltet gemeinsam mit dem ADAC und der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen am 27. Mai 2025 von 15 bis 16 Uhr eine Online-Informationsveranstaltung zu Kooperationsmöglichkeiten des Motorsports mit Werkstätten für behinderte Menschen. Neben Best-Practices werden gezielt Möglichkeiten aus dem direkten Umfeld des Motorsports aufgezeigt, von denen sowohl Vereine, Verbände und Veranstalter als auch Werkstätten für behinderte Menschen profitieren können.
Eingeladen sind alle interessierten Vereins- und Verbandsvertreter*innen aus dem Motorsport sowie interessierte Vertreter*innen von Werkstätten für behinderte Menschen. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Über die BAG WfbM
In dem bundesweiten Verband BAG WfbM haben sich Träger von Eingliederungseinrichtungen, insbesondere von Werkstätten, Förderstätten und Inklusionsbetrieben zusammengeschlossen, die Menschen mit Behinderungen die Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft ermöglichen. Die BAG WfbM dient ihren Mitgliedern als Beratung und Interessenvertretung in allen fachlichen und politischen Angelegenheiten. Sie wird von den Spitzen- und Fachverbänden der freien Wohlfahrtspflege sowie den Landesarbeitsgemeinschaften der Werkstätten für behinderte Menschen mitgetragen.
Derzeit sind rund 310.000 Erwachsene mit Behinderungen in den Mitgliedswerkstätten der BAG WfbM beschäftigt, rund 28.000 Menschen im Berufsbildungsbereich und rund 260.000 Menschen im sogenannten Arbeitsbereich. Etwa 20.000 Menschen sind so schwer behindert, dass sie einer besonderen Betreuung, Förderung und Pflege bedürfen.
Mehr zur Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e. V. erfahren Sie auf ihrer Website.