Expertentreffen als Austausch-Plattform und Multiplikator

#Grundlagenwissen #Umwelt- und Naturschutz
Mit den Fachtagungen „Motorsport und Umwelt“ schuf der DMSB schon zu Beginn der 2000er-Jahre ein wichtiges Instrument seiner Umweltstrategie. Denn neben der Festlegung verbindlicher Basisregelungen (z. B. über die Umweltrichtlinien) und Installation von Verantwortlichen bei jeder Veranstaltung (Umweltbeauftragte) gab es so die Möglichkeit für Fachleute, sich zu vernetzen. Der Austausch über vielfältige Themen in den Jahren seitdem war ein wichtiger Beitrag, ein Bewusstsein für die Wichtigkeit des Umweltschutzes flächendenkend im deutschen Motorsport zu verankern.

Die Themen der DMSB-Umweltfachtagungen orientierten sich einerseits an den Umweltthemen, die in der Motorsport-Praxis relevant waren. Genehmigungsfragen und -hürden standen etwa immer wieder auf der Tagesordnung. Gelungene Praxisbespiele lieferten oft zusätzliche Impulse und sollten als Ideengeber für eigene Aktivitäten dienen. Um diesen Gedanken zu fördern, wanderte die anfangs im Jahresrhythmus einberufene Fachtagung vom Tagungsort im Rhein-Main-Gebirt dorthin, wo die „Best Practices“ live zu erleben waren: Motorsportanlagen wie die permanenten deutschen Rennstrecken wurden deshalb ebenso zum Tagungsort, wie Oberhof und Grevenbroich, wo die Sportanlagen von DMSB-Umweltpreisträgern zu besichtigen waren. Nicht zu unterschätzen war und ist außerdem die Möglichkeit der persönlichen Vernetzung zwischen den Umweltexperten im Motorsport, die hier als Teilnehmer und Referenten zusammenkamen. Seit 2019 findet die DMSB-Fachtagung im Rahmen des DMSB-Kongresses statt, der damit Ort und Turnus vorgibt.

Gastgeber und Tagungsleiter war von Beginn an Dr.-Ing. Karl-Friedrich Ziegahn als Vorsitzender des DMSB-Fachausschusses Umwelt. Er ist heute als DMSB-Präsidialbeauftragter für Nachhaltigkeit nach wie vor in dieser Funktion aktiv und konnte in den über 20 Jahren der Fachtagung zahlreiche Vertreter aus dem Motorsport, aber auch aus anderen Sportarten, Verbands- und Behördenvertreter sowie andere Experten für Themenvorträge gewinnen.

Thematische Schwerpunkte folgten den aktuellen Bedürfnissen

Ein Kernpunkt im Programm war stets der aktuelle Bericht aus dem DMSB – so etwa die Erfahrungen und Erkenntnisse des Fachausschusses Umwelt, neue einschlägige Regularien oder auch Gremienberichte aus den Dachverbänden. So stand die DMSB-Umweltrichtlinie im Jahr 2002 im Mittelpunkt. Dass unter dieser Überschrift die Unterzeile im Programm lautete: „Motivation, Inhalte und Zielsetzung“ zeigt, wie sehr die Veranstaltung zu Beginn auch auf die Basis- und Überzeugungsarbeit gerichtet war. Gleichzeitig wurde die Tagung schon bei ihrem Start dem Anspruch gerecht, nahe an der Praxis zu sein. Denn zahlreiche Impulse aus den einzelnen Disziplinen sorgten dafür, dass etwa die DMSB-Umweltcheckliste im Anschluss ergänzt und optimiert werden konnte.

Beispiele aus der Praxis 

In den Folgejahren wurde der Fokus erweitert und durch die Einladung von Experten vielfältig durch Fachwissen bereichert. „Umweltschutz durch Technik“ und „Umweltschutz durch Organisation und Management“ waren etwa die beiden Themenschwerpunkte 2005, für deren Teilaspekte alleine gleich sechs verschiedene Referenten mit dabei waren. Seinerzeit waren etwa Rußpartikelfilter der Stand der Technik (HJS erhielt für ihren Einsatz im Motorsport den Umweltpreis 2003), aber auch Erdgasantrieb wurde vorgestellt und unter Umweltaspekten diskutiert. Im Folgejahr waren etwa Genehmigungsverfahren, Praxisbeispiele aus dem Rallyesport oder auch die Ausbildung von Umweltbeauftragten Schwerpunkte.

Mit dem neuen Jahrzehnt begab sich die DMSB-Umweltfachtagung auch auf „Wanderschaft“. Den Beginn dieser Tradition markierte Oberhof, wo es einen angeregten Dialog auch mit Vertretern der Landesbehörden gab. Diese waren Teilnehmer der ersten Fachsitzung unter der Überschrift „Umwelt und Motorsport in Thüringen“ – Behördenvertreter als direkte Diskussionspartner zu Genehmigungs- und Überwachungsfragen von Motorsportanlagen hatte es zuvor noch nicht gegeben. Eine zweite Wegmarke zeigte diese Tagung im Jahr 2009 auch, weil bei der zweiten Fachsitzung des Events erstmals das Thema „Nachhaltigkeitskonzepte im Motorsport“ auf dem Programm stand.

Im Rahmen seiner Begrüßungsrede bei der Umweltfachtagung im Folgejahr formuliert der damalige DMSB-Präsident Torsten Johne richtungsweisend: „Nachhaltigkeit bedeutet kurz gesagt, dass wir dauerhaft verantwortungsbewusst handeln. Das betrifft nicht nur die Dimension der Umweltverträglichkeit, sondern hat auch eine soziale und ökonomische Seite. Vielleicht sind wir heute an einem Punkt in Sachen Nachhaltigkeit, wie wir ihn in Sachen Sicherheit vor dreißig oder vierzig Jahren erreicht hatten: Ich spüre in vielen Gesprächen, dass es ein wachsendes Interesse und Bewusstsein gibt, dass sich unser Sport weiterentwickeln sollte. Doch mit welchen Maßnahmen dies erreicht werden kann und wohin die Reise geht, das ist häufig noch unklar.“

Vom Umweltschwerpunkt zur Nachhaltigkeits-Fachtagung

Nachhaltigkeit bedeutet letztlich, den Fokus zu weiten und neben dem Umweltschutz auch soziale Aspekte und die ökonomischen Impacts mitzudenken. Diese erweiterte Sichtweise wurde in den Umweltfachtagungen des DMSB in den Folgejahren ab 2010 zunehmend Thematisiert. „Motorsport 4.0: Vom Umweltschutz zum nachhaltigen Motorsport“ lautete etwa der programmatische Titel eines Vortrags von Dr. Ziegahn bei der Fachtagung 2016. Neben dieser Diskussion mit erweitertem Sichtfeld spielten aber auch immer wieder die Einzelfallbetrachtungen und die Vorstellung von Modellbeispielen eine Rolle. Auf der gleichen Fachtagung 2016 berichteten etwa Chrisoph Schackmann und Tilman Kluge von Erfahrungen im Rahmen der Deutschland-Rallye. Ein Jahr später war Marius Lenders als Vertreter des MSC Grevenbroich zu Gast bei der Tagung in Berlin und berichtete als Vertreter der DMSB-Umweltpreisträger von 2016 über „Artenschutz durch MotoCross“, während Viktoria Retzlaff vom ADMV-Club Wolstersdorf aus ihrer Erfahrung Best-Practice-Beispiele beisteuerte.

Zunehmend wurde bei den Tagungen auch ein Augenmerk auf die internationalen Rahmenbedingungen gelegt. Die Bestrebungen und Initiativen der Dachverbände FIA und FIM etwa standen 2019 als einer der Tagesordnungspunkte in der Agenda, als die Fachtagung zum ersten Mal als Teil des DMSB-Kongresses veranstaltet wurde. Damit erreichte die Tagung den vorläufigen Endpunkt ihrer Entwicklung. Sie ist heute als Expertentreffen so wichtig wie eh und je und dient als eine Kommunikations- und Austauschplattform neben anderen dazu, das Thema Nachhaltigkeit im deutschen Motorsport voranzutreiben. 

 

Kontakt
Karl-Friedrich Ziegahn
infodmsb.de
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